Die Marienburg – eine deutsche Ordensfestung

Für die Anreise nach Kaliningrad auf dem Landweg bieten sich nicht nur Danzig (Gdańsk) sondern längst auch Elbing (Elbląg) als Zwischenstopp an, denn in der Region gibt es viel Sehenswertes, das einen Besuch lohnt. Elbing ist mit seiner wieder aufgebauten Altstadt ein attraktives Ziel und von hier ist es nur ein Katzensprung zum Weichselwerder, dem KZ Stutthof (Sztutowo) und weiter zur Frischen Nehrung oder zum Kopernikus-Dom in Frauenburg (Frombork) am malerischen Ufer des Frischen Haffs. Zudem ist Elbing auch der Ausgangsort des Oberlandkanals (Kanał Elblągsko-Ostródzkim), in dessen Verlauf die Ausflugsdampfer auf fünf geneigten Ebenen über Land fahren. Dieses System überwindet den Höhenunterschied von fast hundert Metern auf einmalig effiziente Weise nur mit der Kraft des Wassers. Keinesfalls entgehen lassen aber sollte man sich einen Besuch der Marienburg im nur gut 30 Kilometer von Elbing entfernten heute Malbork genannten Marienburg.

Die Ordensburg an der Nogat – Schauplatz europäischer Geschichte

Die Marienburg ist die mittelalterliche Burg der Superlative schlechthin, gilt sie doch als größter Backsteinbau der Welt, als nach dem Prager Hradschin und dem Moskauer Kreml drittgrößte Burganlage Europas und gleichzeitig größter mittelalterlicher Festungsbau Europas. So nimmt es denn auch nicht Wunder, wenn sie zu den wertvollsten Kulturdenkmälern der Region zählt und auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht.

Den besten Eindruck von der Größe und einen Überblick über die Anlage bekommt man vom Westufer der Nogat aus, wo eine Straße unmittelbar vor der Nogatbrücke von der Schnellstraße S 22 nach links abbiegt, direkt an der Nogat entlangführt und mit einem Parkstreifen versehen ist. Die schiere Größe der wuchtigen Anlage, hinter der die 40.000-Einwohner-Stadt fast verschwindet, vermittelt so einen Eindruck von der seinerzeitigen Macht des Deutschen Ordens.

Der Blick über die Nogat lässt die Gliederung der Burganlage mit der Vorburg im Norden, dem sich anschließenden Mittelschloss und dem zur Nogat zeigenden Hochmeisterpalast mit der reich gegliederten Fassade und dem sich anschließenden Hochschloss gut erkennen. Hinter den Burgmauern schließt sich im Süden die Altstadt von Malbork an. Die ganze Burganlage mit den imposanten Mauern und den Wassergräben umfasst eine Fläche von rund 20 Hektar.

Ein Blick in die Geschichte der Burg

Mit den ersten Bauarbeiten zur Errichtung der Marienburg wurde bereits 1270 begonnen. Ältester Teil der Burg ist das ab 1274 erbaute vierflügelige, quadratische Hochschloss, 1318 kam das Mittelschloss (Zamek Średni) hinzu. Der wohl schönste Burgteil ist der von Anfang an als eleganter Repräsentationsbau geplante Hochmeisterpalast (Pałac Wielckich Mistrzów) mit dem Sommer- und dem Winterremter sowie den jeweils auf nur einer Stütze ruhenden Palmengewölben.

Der Hochmeister des Deutschen Ordens residierte zur Bauzeit der Burganlage noch in Italien, die Marienburg wurde von einem Komtur verwaltet. Erst Ordenshochmeister Siegfried von Feuchtwangen verlegte 1309 den Hochmeistersitz in die Marienburg. Sie blieb 147 Jahre Sitz des Ordens-Hochmeisters und damit Regierungssitz des Deutschordensstaates. Dort in der Marienburg wurden auch die Hochmeister gewählt. Die Marienburg war also die Zentrale der gesamten Verwaltung des Ordensstaates, der in Komtureien aufgeteilt war, die etwa die Größe heutiger Landkreise hatten. Das Ordensgebiet mit den Komtureien wurde durch ein Netz von Ordensburgen gesichert.

Die Bedeutung des mächtigen Ordens erstreckte sich zu seinen Hochzeiten nicht nur über das spätere Ostpreußen, sondern über das ganze Baltikum hinaus. Nach der Niederlage des 1202 in Riga gegründeten Schwertbrüderordens im Jahr 1236 bei Schaulen gegen Litauer und baltische Stämme griff Hochmeister Hermann von Salza ein, verhandelte mit der Kurie und erreichte in der Union von Viterbo die Vereinigung von Deutschem Orden und Schwertbrüderorden. So wurden die Gebiete des Schwertbrüderordens zum zweiten Kernland des Deutschen Ordens.

Bis 1561 gehörten so auch große Teile des heutigen Estlands und Lettlands als Meistertum Livland zum Deutschordensstaat. In der Marienburg fanden die großen Versammlungen des Gesamtordens statt, an denen auch die Ordensmeister aus Livland teilnahmen und auf denen der Hochmeister des Ordens gewählt wurde.

Die Niederlage in der Tannenbergschlacht von 1410 gegen die vereinigten litauisch-polnischen Heere führte zwar nicht zu einer Einnahme der Marienburg, das konnte Ordenshochmeister Heinrich von Plauen verhindern. Doch begann nun der Niedergang des Ordens vor allem durch seine innere Reformunfähigkeit. Bereits 1457 musste der Hochmeistersitz nach Königsberg verlegt werden, denn der Hochmeister konnte seinen Söldner nicht mehr bezahlen, sie erhielten die Marienburg als Pfand und verkauften sie an Polen. Dazu rebellierten die Städte im Ordensgebiet, es kam zum dreizehnjährigen Städtekrieg. Im zweiten Thorner Frieden von 1466 musste der Orden Stadt und Burg endgültig an das Preußen königlichen Anteils abtreten. Am Ende stand 1525 die Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches, erbliches Herzogtums Preußen unter polnischer Oberhoheit. Bis zur ersten polnischen Teilung von 1772 diente die Marienburg 315 Jahre lang auch den polnischen Königen als Residenz.

Die Highlights - Besichtigung der Marienburg

Für einen Burg-Rundgang, der zu den sehenswertesten Highlights der Anlage führt, sollte man gut drei Stunden veranschlagen. Die Besichtigung beginnt am Tor des Mittelschlosses.

Das Mittelschloss mit dem Hochmeisterpalast
Das Mittelschloss (Zamek Średni), mit dessen Bau erst 1309 begonnen wurde, ist mit dem Hochschloss durch eine Brücke verbunden. Zur Nogat hin ausgerichtet ist der um 1400 als Repräsentationsbau fertiggestellte Hochmeisterpalast. Hier befanden sich die auch Winter- und Sommerremter. Der große Remter galt seinerzeit bei einer Breite von 15 und einer Länge von 30 Metern als einer der größten Säle Europas. Bis zu 400 Gäste konnten dort gleichzeitig bewirtet werden. Auch die herrlichen Palmengewölbe der Remter sind erhalten.

Im einstigen Gästeflügel, dem Ostteil des Mittelschlosses ist heute eine besonders eindrucksvolle Ausstellung untergebracht, die man sich unbedingt ansehen sollte: die Bernsteinausstellung. Der ganze Reichtum von Formen und Farben des auch Gold der Ostsee genannten Bernsteins und eine schier unglaubliche Verarbeitungsvielfalt wird im Bernsteinmuseum der Marienburg in großartigen Exponaten belegt.

Das Hochschloss als ältester Burgteil
Das Hochschloss ist mit dem sich im Südwesten anschließenden Mittelschloss durch eine Brücke verbunden. Das quadratische Hochschloss (Zamek Wysoki) wurde ab 1280 erbaut. In diesem ältesten Burgteil befanden sich alle Wirtschaftsräume, Versammlungs- und Speisesäle sowie die Unterkünfte der Ritter.

Die Süd- und Ostflügel beherbergten die Schlafsäle. Im Südflügel des Hochschlosses befindet sich auch die seit 2016 wieder zugängliche Marienkirche, deren Wiederaufbau erst 2016 abgeschlossen wurde. Im Nordflügel befand sich in der ersten Etage der große Kapitelsaal. Der Konventsremter, der als Speise- und Versammlungssaal der Ritter diente, ist in der zweiten Etage untergebracht. Heute ist dort die Museumsausstellung zur Burggeschichte untergebracht. Wo Menschen wohnten, sich versammelten und aßen, braucht es Toiletten. Die mittelalterliche Komfortversion war der Dansker, der wie ein alleinstehender Turm am Nogatufer vom Wohntrakt des Schlosses aus über einen 65 m langen Gang erreichbar war.