Kurland

Kurland ist die deutsche historische Bezeichnung für die lettische Region Kurzeme, die neben Semgallen (Zemgale), Zentral-Livland (Vidzeme) und Lettgallen (Latgale) zu den vier historischen Landschaften Lettlands gehört.

Kurland liegt im Westen Lettlands, es ragt zwischen dem Rigaischen Meerbusen und der Ostsee wie ein Keil nordwärts bis zur Spitze am Kap Kolka. Landeinwärts begrenzt wird Kurland im Osten etwa von der Düna (Daugava), im Süden von der Grenze Lettlands zu Litauen und im Westen von der Ostsee. Zu Kurland gehören die Städte Libau (Liepāja), Windau (Ventspils) und die einstige Hauptstadt Mitau (Jelgava).

Aus der Geschichte Kurlands

Kurland wurde nach dem baltischen Volksstamm der Kuren (Kurši) benannt, die im Jahr 867 erstmals von Rimbert als das Volk, Chori erwähnt wurde. Die Kuren zählen zu den bereits ab 2.500 v. Chr. Eingewanderten indoeuropäischen Baltenstämmen, die entlang der Ostseeküste siedelten. Im 13. Jahrhundert wurde Kurland vom Schwertbrüderorden unterworfen. Von 1280 an war Kurland Mitglied der Livländischen Konförderation, einem losen Staatenbund im Bereich vom heutigen Lettland und Estland. Die folgenden Städtegründungen waren deutsch geprägt, die Kuren siedelten überwiegend auf dem Land unter der Herrschaft der einwandernden deutschen Adelsfamilien. Von Süden drängte der Deutsche Orden in Richtung Kurland vor, bald war das gesamte Siedlungsgebiet der Kuren unter Ordensherrschaft. Die Kuren gingen im Laufe der Zeit in den prussischen Völkern und den Letten auf. Die gebildete Führungsschicht, die Großgrundbesitzer und das Stadtbürgertum stellten überwiegend die Deutsch-Balten. Sie sprachen als Oberschicht deutsch, die übrige Landbevölkerung lettisch. Im Zuge der Reformation wurde auch Kurland lutherisch.
Die seit 1386 bestehende polnisch-litauische Union wurde bald zur neuen Großmacht der Region. Der Druck auf die Livländische Konföderation durch Polen-Litauen und Russland wurde immer größer.

Im Livländischen Krieg (1558 bis 1583) verloren alle Teilstaaten der Livländischen Konföderation und somit auch Kurland die Unabhängigkeit. Der Landtag unterstellte Kurland im Jahr 1561 Polen-Litauen. Gotthard Kettler, dem letzten Landmeister von Livland gelang es aber dabei das weltliche Herzogtum Kurland und Semgallen unter polnisch-litauischer Oberhoheit zu gründen. Es folgte Kurlands goldenes Zeitalter unter dem Herrschergeschlecht der Kettler. Die Wirtschaft blühte auf, bald bestanden Handelsbeziehungen bis hin nach England, Frankreich und Portugal und Kurland hatte eine der größten europäischen Handelsflotten. Sogar Kolonien in Tobago und Gambia versuchte man aufzubauen. Doch der Zweite Schwedisch-Polnischen Krieg und der Nordische Krieg machten der Blüte ein Ende. Bis Ende des 18. Jahrhundert blieb Kurland wie das ganze Baltikum zwischen Russland, Schweden und Polen-Litauen umkämpft. Den zahlreichen Kriegen folgten Epidemien, ganze Landstriche waren entvölkert. Nach der 3. Teilung Polens kam Kurland 1795 an das russische Zarenreich und verblieb dort bis zum Ende des 1. Weltkriegs, währenddessen Kurland ab 1915 von deutschen Truppen besetzt war. Nach Kriegsende erklärte Lettland seine Unabhängigkeit und übernahm am 7. Dezember 1918 die Verwaltung.

Im Juni 1940 wurde Kurland von der Roten Armee besetzt, im August 1940 erfolgte der Beitritt der lettischen SSR zur UdSSR. Mit dem Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion wurde im Sommer 1941 auch Kurland deutsch besetzt, bis die Rote Armee im Sommer 1944 mit der Rückeroberung des Baltikums begann. Ab 1942 gab es in Lettland eine Schattenverwaltung von lettischen Kollaborateuren, bald kämpften lettische Partisaneneinheiten unter Arturs Sprogis gegen lettische SS-Einheiten.

Der Kurland-Kessel

Nach dem Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte in der Sowjetunion im Sommer 1944 folgte der Rückzug deutscher Truppen an der Ostfront. Besonders exponiert waren die deutschen Verbände im Baltikum. Bei Memel gelang der Roten Armee im Oktober 1944 der erste Durchbruch zur Ostsee. In der Folge wurden die Wehrmachtsverbände in Kurland eingeschlossen und bildeten den Kurlandkessel. In diesem Wehrmachtsbrückenkopf in Kurland waren im Oktober 1944 rund 230.000 Einwohner Kurlands, 150.000 Flüchtlinge, die zu den Ostseehäfen drängten sowie eine halbe Million deutscher Soldaten der Heeresgruppe Nord (später Heeresgruppe Kurland) sowie einige Luftwaffen- und Marineeinheiten eingeschlossen. Sechs verlustreiche Schlachten konnten bis März 1945 trotz eines großen sowjetischen Truppenaufgebots keine großen Geländegewinne bringen. Auch lettische Verbände kämpften im Kurland-Kessel bis zur bedingungslosen Evakuation am 8. Mai 1945 an der Seite der Wehrmacht. Rund 200.000 Deutsche und Letten gingen am 10. Mai 1945 in sowjetische Gefangenschaft.

Von der Sowjetrepublik in die Freiheit

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde Kurland mit ganz Lettland zur Lettischen Sozialistischen Sowjetrepublik (Lettische SSR). Mit den Deportationen der lettischen Eliten wurden auch zahlreiche Menschen aus Kurland deportiert und erschossen. Die Sowjetunion förderte in der Folge die Russifizierung aller drei Baltenrepubliken, doch auch Angehörige anderer sowjetischer Volksgruppen wurden in Kurland angesiedelt.
Nach dem Beginn von Glasnost und Perestroika unter Gorbatschow erklärte Lettland am 4. Mai 1990 seine Unabhängigkeit, die von der Sowjetunion am 21. August 1991 und nach dem Ende der UdSSR auch von Russland betätigt wurde. Die historische Region Kurland entspricht der heutigen lettischen Region Kurzeme.

Kurland entdecken

Kurland, das heutige Kurzeme ist eine außerordentlich sehenswerte Region Lettlands. Am besten lernen Interessierte die Region bei einer Individualreise wie „Lettland zum Kennenlernen“ kennen.

Nicht nur der kulturhistorische Nachlass von Kurland im heutigen Kurzeme ist vielfältig und bunt, auch Natur und Landschaften wissen zu gefallen. Kurland ist eine überwiegend flache Region, nur die „Kurländische Schweiz“ genannte Region um Talsen (Talsi) im Norden Kurlands ist hügelig. Die vielfach unberührten Küstenanschnitte haben alles zu bieten, was der Urlauber sich wünscht: kilometerlange Sandstrände und über zwanzig Meter aufragende Steilufer, die besonders im Südwesten bei Jūrkalne ausgesprochen wildromantisch sind. Zwischen Kolka und Oviši ganz am Nordwesteck Kurlands erstreckt sich die Livenküste mit dem Nationalpark Slītere, über den eine Route der Zugvögel führt. Gekennzeichnet ist die Region durch alte Fischerdörfer und ruhige, weite Strandabschnitte. In Mazirbe befindet sich das livische Kulturzentrum, denn traditionell wurde die Nordküste Kurlands von Liven bewohnt. In den Dünen ist ein alter Friedhof von Fischerbooten zu besichtigen. Miķeļbāka, der höchste Leuchtturm des ganzen Baltikums steht in Miķeļtornis. Kurlands „Nordpol“ stellt das Kap Kolka dar, das größte Kap Lettlands, an dem sich der Rigaer Meerbusen und die Ostsee treffen, wodurch beeindruckende Wasserwirbel entstehen. Viele Segelschiffe sanken in den steilen Kreuzseen und hinterließen ein Paradies für Taucher. Eine Besonderheit in Kurland sind die überaus vogelreichen küstennahen Lagunenseen, die entstanden, als die Ostsee sich zurückzog. Besonders der Engures-, der Papes- und der Kanieris-See sind hervorragend zur Vogelbeobachtung geeignet.

Kurlands Städte

An der Windau (Venta), dem längsten Kurland durchfließenden Fluss liegt Kuldiga. Dort befindet sich der zwar flache, mit 240 m aber wohl breiteste Wasserfall Europas. Kuldigas Altstadt mit ihren romantischen Gassen verströmt mittelalterliches Flair und die gelassene Lebensart einer Kleinstadt. Kuldiga ist auch ein Zentrum der Suiti, die in diesem geschlossenen katholischen Gebiet im protestantischen Lettland leben. Die Suiti haben ganz eigene Traditionen und eine eigene Kultur mit bunten Trachten und einer ganz eigenen Singart herausgebildet. Diese Suiti-Kultur gehört zur Liste des Weltkulturerbes von UNESCO.
Zwar gibt es in Kurland keine Großstädte, doch neben Kuldiga sind vor allem die Hafenstädte Ventspils und Liepāja sehenswert. Windau (Ventspils) an der Mündung der dort 200 m breiten Windau (Venta) hat gut 40.000 Einwohner und verfügt über einen eisfreien, für Lettlands Seehandel wichtigen Hafen. Überraschend für die Größe der Stadt ist die Zahl der Sehenswürdigkeiten in der bildschön hergerichteten Innenstadt, das vielfältige Unterhaltungsangebot und die vielen Möglichkeiten an sportlichen Aktivitäten im Erlebnispark. Weitere Attraktionen sind die Schmalspurbahn und der weite Strand mit den Dünen.
Libau (Liepaja) ist mit seinen rund 78.000 Einwohnern die größte Stadt Kurlands und liegt an der Ostseeküste. Libau bietet Reisenden eine sehenswerte Innenstadt mit einem alten Speicherviertel, dazu einen weiten und traumhaft feinsandigen Dünenstrand. Ein breites Angebot an verschiedenen Kulturveranstaltungen sorgt für kurzweilige Abende. Spannend ist die Besichtigung des einstigen Kriegshafens Karosta mit zahlreichen Attraktionen, wie dem Militärgefängnis und der orthodoxen Marinekathedrale.

Berühmte Persönlichkeiten aus Kurland

Aus Libau stammt der Vater des ehemaligen deutschen Nationaltorhüters und Bayernspielers Oliver Kahn. Auch in Windau haben mit dem Speerwerfer Eriks Rags und dem Bobfahrer Sandis Prusis (Weltcupzweiter und Europameister) bekannte Sportler ihre Wurzeln. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten Kurlands gehört Herzogin Anna Dorothea (1761-1821), die Zugang zu den höchsten gesellschaftlichen Kreisen ganz Europas hatte und als geschickte Diplomatin galt. Ab 1792 lebte sie überwiegend im Palais Kurland in Berlin und führte dort einen Salon, in dem Künstler und Gelehrte wie Schadow und von Humboldt ein und ausgingen. Mit Herder, Goethe und Schiller stand sie in regem Kontakt.
Dorothea war Ehefrau des kurländischen Herzogs Peter von Biron (1724-1800). Die Birons waren das wohlbedeutendste kurländische Adelsgeschlecht. Die russische Zarin Anna Iwanowna hatte Ernst Johann von Biron 1730 in den Grafenstand erhoben. Schnell stiegen die Birons von Curland zu den mächtigsten Familien des Zarenreichs auf.