Die Rigaer Bucht

Die Rigaer Bucht – auch Rigaer Meerbusen oder Rigaischer Meerbusen genannt – ist die größte Meeresbucht im Baltikum. Sie erstreckt sich von Pärnu im Norden bis nach Riga im Süden entlang der estnischen Küste im Norden und der Küste Lettlands im Süden. Im Südwesten wird sie von der Küste der lettischen Region Kurzeme (Kurland) begrenzt. Im Nordwesten wird sie nördlich der Verbindung zur freien Ostsee durch die Irbenstraße südlich der estnischen Inseln Saaremaa (Ösel mit der Halbinsel Sworbe) und Muhu (Moon) geschützt. Nördlich der Insel Muhu verläuft ein weiterer Zugang zur freien Ostsee über die Moon-Straße. Die geschützt liegende Rigaer Bucht ist bis zu 67 m tief und friert von Dezember bis April oft zu, auch, da ihr Salzgehalt hier niedriger ist als in der freien Ostsee. Der Sauerstoff- und Salzgehalt der Ostsee nimmt von West von 1,9 % nach Ost auf 0,5 % ab.

Die Nord-Süd-Ausdehnung der Rigaer Bucht beträgt 180 km, die Ost-West-Ausdehnung rund 135 km. Der größte in den Rigaischen Meerbusen fließende Fluss ist die Daugava (Düna), die bei Riga mündet. Die lettische Hauptstadt Riga ist die bei weitem größte und bedeutendste Stadt an den Ufern des Rigaer Meerbusens. Einzige neben Riga weitere bedeutende Hafenstadt an der Rigaer Bucht ist das estnische Pärnu.

Geologie und Geschichte

Die Rigaer Bucht gehört zum von Eiszeiten überformten Osteuropäischen Tiefland mit Ausgleichsküsten als charakteristische Küstenform. Neben Grundmoränen bestimmen vor allem lang gestreckte Endmoränenzüge mit kuppigen Höhen und zahlreichen dazwischen liegenden Seen das Bild der Landschaft.

Das um die Rigaer Bucht herum liegende Land war in der Weichsel-Glazialeiszeit vollkommen von Eis und Gletschern bedeckt, die sich vor 11-13.000 Jahren Richtung Nordwesten zurückzogen. Zurück blieb eine von dieser Eiszeit und den Ablagerungen der folgenden Schmelzwasserperioden geprägte hügelige Moränenlandschaft.

Die Besiedlung der Region Rigaer Bucht konnte somit erst nach dem Rückzug des Eises beginnen. Im heute lettischen Raum bedeutet dies eine Besiedlung ab dem Paläolithikum. Zu dieser Zeit entstanden die am ehemaligen Baltischen Eisstausee gelegene Rentierjägersiedlung von Laukskola an der Daugava, die sich im Inland unweit der heutigen Küstenlinie der Rigaer Bucht befand.

Weil das Inlandeis das heutige Estland erst spät verließ, gibt es Spuren menschlicher Siedlungen dort erst ab ca. 7.500 v. Chr. im Mesolithikum. Zwischen 2000 –1700 v. Chr. änderte sich die Lebensweise der Menschen deutlich. Die Jäger- und Fischerkulturen im südöstlichen Ostseeraum wurden von Ackerbau und Viehzucht ergänzt, wobei die Jagd und das Fischen weiterhin wichtige Nahrungsmittelquellen blieben.

Einen großen Aufschwung im Handel brachte die Wikingerzeit zwischen 800 und 1.500 auch für die Region um den Rigaer Meerbusen mit sich. Nun wurde Winterroggen angebaut und die Dreifelderwirtschaft eingeführt. Die günstige Lage Estlands und Lettlands an den Handelswegen brachte einen regen Warenaustausch mit sich. Die eingelegten Fische galten als eine begehrte Handelsware auch in der Hansezeit. Die Menschen waren nun in größeren Stammesverbänden wie dem der Liven organisiert.

Pärnu und Riga wurden ob ihrer Häfen zu bedeutenden Handels- und Handwerkszentren der Region. Mit der Gründung von Gutshöfen im Hinterland nahmen großbäuerliche und wirtschaftliche Produktionseinheiten einen großen Aufschwung. Der Getreidebedarf Westeuropas ab dem 16. Jh. wurde zu beträchtlichen Teilen aus Lieferungen der baltischen Länder über den Seeweg gedeckt. Im Laufe des 19 Jh. gab es am Rigaer Meerbusen einen großen Modernisierungsschub auch in der Landwirtschaft. Die Kartoffel und der Flachs begannen ihren Siegeszug. Getreide wurde nun kaum mehr angebaut. Mit Ausnahme der städtischen Zentren blieb die Region bis in die Neuzeit von Landwirtschaft und Fischfang geprägt.

Sehenswertes an den Küsten des Rigaer Meerbusen

Im estländischen Teil der Küste des Rigaer Meerbusens ist einer der Reisehöhepunkte für Urlauber die alte Hansestadt Pärnu, die auch als Sommerhauptstadt Estlands gilt. Neben dem Kurortflair mit einer malerischen Altstadt besticht vor allem der lange, breite Sandstrand in Südlage – weißer Puderzuckersand vom Feinsten. Auch im estnischen Teil ist eine Fahrt entlang der Küste empfehlenswert ob der vielen kleinen malerischen Orte und einsamen Strände.

Highlights am lettischen Teil der Küste der Rigaer Bucht sind natürlich Lettlands Hauptstadt Riga an der Daugava-Mündung mit ihrer traumhaften Altstadt sowie die lettische Riviera rund um Jurmala, dem Badeort mit dem historischen Flair und ob der Nähe zur Hauptstadt die Badewanne der Rigaer. Beides ließe sich innerhalb unserer individuellen Städtereise „Riga – Jugendstil und Backsteingotik an der Ostsee“ bequem entdecken.
Wunderbar zu erkunden ist der westliche lettische Küstenabschnitt von Süden nach Norden ausgehend von Kesterciems über die Küstenstraße P 131 bis nach Kolka an der Nordspitze Kurlands, wo die Ostsee und der Rigaer Meerbusen sich an der Irbenstraße treffen. Hier leben die letzten Liven, die bis heute noch livisch sprechen und die heimische Kultur pflegen.

Die Inselwelt in der Rigaer Bucht

Wie ein Sperrcordon riegeln die Inseln im Norden die Rigaer Bucht von der freien Ostsee ab. Sie stellen eine eigene, für Besucher äußerst reizvolle Welt dar. Hauptsächlich aus den Häfen dieser Inseln kamen die Seefahrer, Fischer und Robbenjäger der Region. Alle diese Inseln gehören zu Estland. Beliebte Sommerurlaubsziele sind Muhu und Saaremaa mit den malerischen kleinen Dörfern und ihren einzigartigen Wehrkirchen, Windmühlen, kleinen Häfen, den Wacholderheiden und schönen Stränden. Die einzige Stadt auf Saaremaa ist an der Südküste Kuressaare (Arensburg) mit seiner mittelalterlichen Bischofsburg, dem einstigen Sitz des Bistums Ösel-Wiek. Nebenbei ist Arensburg auch ein Kurort, der schon zur Zarenzeit für seine Schlammbäder bekannt war. Davon zeugt noch das alte Kurhaus im Stadtpark. Weiter sehenswert sind das barocke Rathaus und das Ritterschaftshaus sowie die Laurentiuskirche und die orthodoxe Nikolaikirche.

Eine besondere Geschichte hat Kihnu, die Insel der Robbenjäger und Fischer. Die siebtgrößte Insel Estlands liegt vor der Pärnu-Bucht und ist als einzigartiger Kulturraum von der UNESCO als Kulturerbe geschützt. Zu dieser besonderen Kulturtradition gehört eine eigene Sprache, eine Volkstracht und eine einzigartige Musiktradition. Die Küstenstraße verbindet die vier Inseldörfer Sääre, Linaküla, Rootsiküla und Lemsi. Den schönsten Blick über die Insel, das Meer und die vorgelagerten Sandbänke hat man vom Leuchtturm aus. Über die ganze vielfältige Kultur und Geschichte informiert das Museum, genauso, wie über die aufregendsten Abenteuer der berühmtesten Kapitäne. Auch über die Geschichte der Robbenfängerei erfährt der Besucher viel. In der Rigaer Bucht nämlich sind bis heute die 1,5 m langen und 50-100 kg schweren Ringelrobben heimisch. Es handelt sich dabei um eine der drei völlig getrennt voneinander lebenden Ostseepopulationen. In der Rigaer Bucht werden rund 2.500 dieser Brackwasser-Unterarten gezählt, das Wasser der Rigaer Bucht hat mit 0,3 – 0,5% einen geringeren Salzgehalt als die freie Ostsee. Diese Robben sind bei der Fortpflanzung völlig auf vereisende Meere angewiesen, wie es in der Rigaer Bucht gegeben ist. Auch sie werden also von den steigenden Temperaturen durch den Klimawandel bedroht.

Zwischen den Nationen: Sonderfall Insel Ruhnu

Das nur 12 Quadratkilometer umfassende kleine Eiland Ruhnu mit dem traumhaft schönen Badestrand „Lido Beach“ ist die einzige Insel im Rigaischen Meerbusen, die eine besondere wechselvolle Geschichte hat. Über Jahrhunderte war Ruhnu (Runen) schwedisch, und auch von schwedischer Kultur und dem schwedischen Dialekt „Runsk“ geprägt. Als im 18. Jh. Truppen des russischen Zarenreichs ins Baltikum eindrangen, wurden Estland und Lettland mitsamt der Insel Ruhnu Teile des russischen Imperiums. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Untergang des Zarenreichs äußerten die Bürger der Insel in einer Volksabstimmung, dass sie zu Estland und nicht zu Lettland gehören wollten. Dabei blieb es dann auch nach dem Ende der Sowjetunion, eine neue Abstimmung gab es nicht, die Insel blieb bei Estland. Heute ist die Insel von gut 50 Esten besiedelt und gehört immer noch zu Estland. Doch wird die Insel, die deutlich näher an Lettland als an Estland liegt, auch von Lettland beansprucht, dass sonst keine einzige Insel im Staatsgebiet hat, während Estland rund 1.500 Inseln sein Eigen nennt. Doch zu ernsten Verstimmungen zwischen Estland und Lettland führte der Streit um Ruhnu nicht.

Köstlich auch zum Mitbringen: Echte Rigaer Sprotten

Sie eignen sich auch als Mitbringsel, die köstlichen Fischkonserven mit Rigaer Sprotten. Die Sprotten sind kleine, bis zu maximal 15 cm lange Schwarmfische und gehören zur Gattung der Heringsfische. Sprotten sind in der Ostsee heimische Fische. Schon vor über hundert Jahren galten Rigaer Sprotten selbst am Zarenhof als eine besondere Delikatesse. Für die Verarbeitung zu Rigaer Sprotten werden kleinere Exemplare mit maximal zehn Zentimeter Länge bevorzugt. Frisch gefangen werden die Sprotten noch auf dem Fischkutter verarbeitet, Kopf, Flossen und Eingeweide werden entfernt, der Fisch wird gesalzen. Anschließend werden sie über Holzkohle goldgelb geräuchert. Nun kommen die Rigaer Sprotten frisch geräuchert auf die Märkte der Region. Für die Haltbarmachung als Fischkonserve werden sie anschließend in Öl eingelegt. So können sie auch gut auf die Heimreise mitgenommen werden. Auf den Märkten rund um die Rigaer Bucht finden Sie garantiert auch Rigaer Sprotten. Besonders viele solche regionale Spezialitäten werden die auf einer Reise wie „Lettland zum Kennenlernen“ entdecken.