Der Unabhängigkeitskrieg in Estland und Lettland 1918-1920

Blick in die Vorgeschichte

Seit der Niederlage der Schweden im Großen Nordischen Krieg im Jahr 1721 wurde Russland zur europäischen Großmacht, die im Baltikum herrschte. Nach der dritten Teilung Polens fielen 1795 Polnisch-Livland (Lettgallen) und Kurland an Russland.  Von da an wurden Livland, Kurland und Estland als Ostseegouvernements zusammengefasst. So blieb es bis 1918.

Das nationale Erwachen in Estland

Wirtschaftlich und politisch beherrschten Deutsch-Balten das Geschehen im estnischen Bereich des Ostseegouvernements. Erst in den 1830er Jahren gelang es einigen Esten deutsch-baltische Güter und Bauernhöfe zu erwerben. Es war ein erster Fingerzeig, doch noch rund 30 Jahre blieb dies die Ausnahme.  Erst in den 1890er Jahren stieg die Zahl solcher Landerwerbe durch Esten stark an. Das hing auch mit der Reichsgründung in Deutschland zusammen. Schon zum Ende des 19. Jahrhunderts besaßen Esten in Livland drei von vier Gütern, in Nordestland besaßen estnische Landwirte jeden zweiten Hof. Der Besitz großer Teile estnischen Bodens durch Esten wirkte sich stark auf das nationale Erwachen aus, dessen Hochburgen sich in Livland und Tartu befanden. Dieser stetig zunehmende Landerwerb durch Esten führte zu Einflussverlusten der bisherigen deutsch-baltischen Elite, denn bald  verloren die Deutsch-Balten die Mehrheit in den Stadtregierungen, lokalen Verwaltungen und der Gerichtsbarkeit auch in ländlichen Gebieten und nicht nur in den städtischen Zentren.
Immer mehr fasste unter der estnischen Bevölkerung so die Idee einer unabhängigen estnischen Nation Fuß. Auf dem Land waren es vor allem Pfarrer, die sich um die estnische Sprache und Geschichte bemühten und so nationale Ideen unterstützten. Später dann auch und gerade Studenten. Motor der Entwicklung zu einer eigenständigen estnischen Identität und Kultur wurde die Universität Tartu. In den 1870er Jahren wurden estnische Studenten dort Mitglied im „Verein Studierender Esten“ und schufen die blau-schwarz-weiße spätere estnische Nationalflagge.  
Ein erster Sieg der estnischen Kultur wurde das erste Liederfest, das 1869 in Tartu am 50. Jahrestag der Bauernbefreiung in Livland stattfand. Am Sängerfest nahmen rund 900 Sänger und 15.000 Zuschauer teil. Erster großer, die Verhältnisse grundlegend ändernder Erfolg der Nationalbewegung war im Jahr 1904 in Tallinn der Sieg der Esten bei den Kommunalwahlen als sie die beherrschende Stellung der Deutschen in Stadtrat und Stadtverwaltung beendeten.

Nationales Erwachen in Lettland

Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Baltendeutschen die führende Gesellschaftsschicht auf dem Territorium des heutigen Lettlands. In Livland kam es erst 1819 zur Aufhebung der Leibeigenschaft und erst danach setzte langsam auch der Verkauf von Land an lettische Bauern ein. Das führte einerseits zu großen Abwanderungsbewegungen der Landlosen in die wachsenden Industriestädte, andererseits entstand neben den Landbesitzenden auch ein verarmter Teil der ländlichen Bevölkerung. Doch gleichzeitig bildete sich auch eine Schicht wohlhabender und gebildeter Letten in der Stadt und später auch auf dem Land, die sich zunehmend für die eigene lettische Kultur interessierten. Höhere Bildung an Gymnasien und der Universität Tartu (damals Dorpat) war nur in deutscher Sprache möglich. Dennoch wuchs das lettischsprachige Kulturangebot und die Zahl der Zeitungen und Bücher in lettischer Sprache.
Mitte des 19. Jahrhunderts entstand ausgehend von der Universität Tartu die Bewegung der „neuen Letten“, die sich gegen die Germanisierung vor allem der gebildeten Letten wandte. Bald fand die Bewegung in St. Petersburg ihr Zentrum, wo ab 1862 die lettische Zeitung „Peterburgas Avîzes“ erschien. In Lettland selbst aber griff die Zensur und die „neuen Letten“ konnten ihr Gedankengut in keiner Zeitung verbreiten. Noch hatten die Baltendeutschen großen Einfluss auf alle Regierungsorgane und die Rechtsprechung. Dennoch erreichten die wichtigsten Gedanken der nationalen Erweckungsbewegung nämlich nach Bildung zu streben und die eigenen Wirtschaftsanstrengungen zu intensivieren, auch die hintersten Winkel des Landes. So wurde auch in Lettland das nationale Bewusstsein immer stärker. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Riga immer mehr zu einer Hochburg geistigen und kulturellen Lebens der Letten, 1868 wurde die Rigaer Lettische Gesellschaft gegründet und schon 1873 fand das erste lettische Liederfest statt. Immer mehr wurde die rot-weiß-rote Flagge zum Symbol der Forderung nach lettischer Souveränität.

Das Ende des Russischen Zarenreichs

Spätestens seit der Niederlage Russlands im russisch-japanischen Krieg brachen die inneren Konflikte des Riesenlandes immer stärker auf: Zentralismus, soziale Unausgewogenheit, Korruption, ausgebliebene innenpolitische Reformen und der die Außenpolitik lähmende Gegensatz zwischen Anhängern einer Westannäherung und deren panslawistisch orientierten Gegnern lähmte auch Russlands Wirtschaft. Dazu kam die wachsende Regimegegnerschaft von Intellektuellen, Sozialdemokraten, Kommunisten und Anarchisten.

Im August 1914 begann der 1. Weltkrieg, indem Russland mit bei voller Mobilmachung 13 Millionen Mann die damals größte Armee der Welt stellte. Doch wegen der geringen Industrialisierung, fehlender Ausrüstung, veralteter Nachrichtenausstattung, Kommandopostenvergabe nicht nach Leistung und Fähigkeit und des niedrigen Bildungsniveaus bei vielen Analphabeten bis hinauf in die Feldwebelränge und dazu einer schlechten Versorgung der Truppen gab es nur Anfangserfolge. Daher stand Russland zwei Jahre nach Kriegsbeginn vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch und der militärischen Auflösung. So wurde bei der Februarrevolution 1917 die Zarenherrschaft gestürzt und Alexander Kerenski rief die demokratische Republik Russland aus. Nikolaus II. war nicht mehr Zar und auch nicht mehr Oberbefehlshaber der Truppen. Nun leitete eine Doppelherrschaft die Geschicke des Landes, eine provisorische Regierung, die von der Duma eingesetzt worden war und der linke, hauptsächlich aus Arbeitern und Soldaten bestehende Petrograder Sowjet. Zur Destabilisierung dieses fragilen Gebildes trug bei, dass die deutsche Regierung Lenin nach Petrograd reisen ließ, denn seine kommunistischen Anhänger wollten eine sofortige Beendigung der Kriegshandlungen. In der Oktoberrevolution 1917 übernahmen die kommunistischen Bolschewiki per Staatsstreich die Macht.

Der Zusammenbruch der Front und die nationale Neuordnung im Baltikum

In der Folge der Oktoberrevolution begann das russische Vielvölkerimperium auseinander zu brechen. Finnland, Polen und auch die baltischen Staaten erklärten ihre Unabhängigkeit, womit der ganze Westrand des einstigen Kaiserreichs wegzubrechen drohte.

Nachdem die Friedensverhandlungen zwischen Russland und Deutschland auf der Stelle traten, erklärten die deutschen Verhandlungsführer den bestehenden Waffenstillstand zum 17. Februar 1918 als abgelaufen und die deutsche Armee trat am 18. Februar 1918 auf breiter Front zu einer Großoffensive gegen Russland an. Der deutsche Vormarsch aus Richtung Riga ließ die russischen Linien auf breiter Front zusammenbrechen und zwang die sowjetische Führung zum Handeln. Lenin bat ob der katastrophalen Lage schon am 19. Februar um Frieden. Die deutsche Heeresleitung ließ sich vier Tage mit der Antwort Zeit, die einem Ultimatum gleichkam. Die Bedingungen: Die russischen Truppen hatten Finnland, Livland, Estland und die Ukraine zu räumen. Die russische Armee sollte anschließend demobilisiert werden. Lenin setzte sich durch, das Ultimatum wurde angenommen. Er setzte alles auf eine baldige Niederlage der Mittelmächte und einen Sieg eines revolutionären sozialistischen Aufstands in Deutschland. Danach würde man die zunächst verlorenen Territorien wieder eingliedern. So wurde am 3. März 1918 der Friedensvertrag in Brest-Litowsk unterzeichnet, und anschließend am 15. März vom 4. Außerordentlichen Sowjet in Moskau ratifiziert.

Damit verzichtete die Sowjetunion auf Territorien in Polen, Litauen und Kurland. Die Zukunft dieser Territorien sollte vom Deutschen Reich einvernehmlich nach dem Selbstbestimmungsrecht mit den dort ansässigen Völkern gestaltet werden. Die Ukraine und Finnland wurden als souveräne Staaten anerkannt. Estland und Livland sowie die westlich des Dnjepr liegenden Gebiete Weißrusslands blieben unter deutscher Besatzung. Im am 27. August 1918 in Berlin unterzeichneten Ergänzungsabkommen zum Friedensvertrag verzichtete die Sowjetunion auf Estland und Livland und verpflichtete sich zu hohen Reparationszahlungen an das Deutsche Reich. Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk brachte das Baltikum faktisch unter deutsche Kontrolle. Die Interessen des Deutschen Reichs sahen vor, mit kleinen selbstständigen Staaten im Baltikum dort zwischen Deutschland und Russland einen Cordon sanitaire, eine Art Schutzzone zu bilden. Problematisch jedoch war, dass das Deutsche Reich gleichzeitig die „Weiße Bewegung“ unterstützte, die konterrevolutionären Kräfte gegen die Bolschewiki. Die „Weißen“ wiederum erkannten die Unabhängigkeit der Randstaaten nicht an. Auch das Gros der baltendeutschen Politiker sah die eigene Zukunft eher bei einem wiederhergestellten russischen Reich, als bei Nationalstaaten im Baltikum.

Nach der Niederlage Deutschlands und dem Waffenstillstand vom November 1918 war klar, dass der Friedensvertrag nur mehr Makulatur war, am 13. November 1918 annullierte Sowjetrussland den Vertrag. Die Bolschewiki bereiteten nun einen Einmarsch ins Baltikum vor.

Die Unabhängigkeitserklärung Estlands

Inzwischen hatte Estland am 28.11.1917 seine Unabhängigkeit erklärt, schon im Frühjahr war das erste estnische Parlament gewählt worden, der Maapäev. Das Parlament entschied, dass nur eine verfassunggebende Versammlung die Selbstständigkeit beschließen kann, woraufhin die Bolschewiki den Landtag für abgesetzt erklärten. Nach dem Scheitern der Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk und der deutschen Offensive im Februar 1918 gründete der Ältestenrat des Landtags das „Rettungskomitee Estlands“ und verabschiedete das „Manifest an alle Völker Estlands“, die Grundlage der Unabhängigkeitserklärung. Nach mehrmaligem Zurückweichen vor den schnell heranrückenden deutschen Truppen wurde am 24. Februar 1918 in Tallinn eine provisorische Regierung unter Konstantin Päts eingesetzt und die Unabhängigkeit der Republik Estland erklärt. Am Tag danach marschierten die deutschen Truppen in Tallinn ein und waren von nun an die eigentlichen Machthaber in Estland. Die provisorische estnische Regierung war nun im Untergrund tätig, denn Deutschland erkannte das unabhängige Estland nicht an. Erst nach dem Waffenstillstand zwischen den Alliierten und Deutschland am 11. November 1918 endete die deutsche Herrschaft und bereits am Tag darauf übernahm die estnische provisorische Regierung die Macht. Gemäß § 12 des Waffenstillstandsvertrags von Compiègne blieben die deutschen Truppen aber weiter in Estland.

Am 13. November erklärten die Bolschewiki den Friedensvertrag von Brest-Litowsk für nichtig und traten sofort zur Rückeroberung des Baltikums an, der estnische Unabhängigkeitskrieg begann mit Rückzügen der deutschen Truppen. Schon am 29. November fiel Narva in die Hände der Rote Armee, die rasch weiter nach Westen vorrückte und im Januar 1919 gerade noch 35 km vor Tallinn standen. In den besetzten Gebieten kam es zu Gewaltakten wie Massakern und brutalen Zwangskollektivierungen, was den Widerstand der Esten stärkte. In Südestland und Lettland nahmen deutsche Truppen unter General Rüdiger von der Goltz den Kampf gegen die Rote Armee auf.

Lettlands Weg in die Unabhängigkeit

Zwar führte auch in Lettland die Februarrevolution 1917 zur Gründung lettischer politischer Parteien, führend waren dort die lettischen Menschewiki auf Seiten Kerenskis, die lettischen Bolschewiki auf Seiten Lenins und der lettische Bauernverband. Doch bald wurde deutlich, dass die Regierung Kerenskis eine vollständige Autonomie Lettlands nicht hinnehmen würde. Dennoch forderte der Bauernverband erstmals die volle staatliche Souveränität Lettlands sowohl von Russland als auch von Deutschland, denn im März 1918 hatte die 8. Deutsche Armee ganz Lettland besetzt. So konnte die lettische Unabhängigkeitserklärung erst nach dem Waffenstillstand in Compiègne zwischen den Kriegsparteien des 1. Weltkriegs vom 11. November 1918 erfolgen. Am 18. November 1918 rief der lettische Volksrat die unabhängige Republik Lettland aus, die am selben Tag noch von Großbritannien anerkannt wurde. Erster lettischer Ministerpräsident wurde Karlis Ulmanis. Am 26. November erkannte auch die deutsche Besatzungsmacht die Unabhängigkeit Lettlands an und übergab die Zivilverwaltung in lettische Hände. Am Tag darauf wurde Deutschland gemäß § 12 des Waffenstillstandsvertrags von Compiègne zur Verteidigung des lettischen Staatsgebiets gegen die Sowjetunion verpflichtet.

Die lettische Regierung war auf eine einvernehmliche Zusammenarbeit mit der deutschen Besatzungsmacht angewiesen, da sie weder über ausreichende finanzielle Mittel verfügte, noch die Macht hatte, die vielen Problemen zu lösen. Schlimmer noch, sowohl die deutsch-baltischen Eliten als auch die Russen im Land standen nicht hinter der Republik Lettland. Die lettische Bevölkerung erhoffte von den Bolschewiki einen Arbeiter- und Bauernstaat mit Land und Brot für alle. So genossen die Sowjets auf lettischem Boden zunächst große Sympathien. Problematisch für die bürgerlichen Kräfte in Lettland war auch, dass die im Winter 1918 einmarschierenden Truppen hauptsächlich aus lettischen Soldaten bestanden. Diese Truppen besetzten Riga und setzten dort eine sowjettreue Regierung ein, am 17. Dezember 1918 wurde die lettische Räte-Republik ausgerufen.

Seit Herbst 1915 stand die Front an der Daugava kurz vor Riga. Lettland bestand also aus zwei Teilen, dem deutsch besetzten Süden und dem russischen Norden. Die meisten Letten aus dem Süden waren in den Norden geflohen. Dazu kam, dass im russischen Heer rund 120.000 Letten dienten. Schon seit 1916 gab es rein lettische Verbände, in denen 40.000 Soldaten als “lettische Schützen“ Dienst taten. Die anfänglichen Sympathien für die Kommunisten wendeten sich bald durch den roten Terror und eine von vielen Zwängen beherrschte Agrarpolitik ins Gegenteil.

Unter Zustimmung der Alliierten wurde am 29. Dezember 1918 ein Vertrag zwischen der bürgerlichen lettischen Regierung Ulmanis und deutschen Freiwilligen geschlossen, zudem wurden alle baltendeutschen Freiwilligen an die Baltische Landeswehr überstellt und Freiwillige im Deutschen Reich angeworben. Den Freiwilligen wurde bei jeweils mindestens einmonatiger Kampfbeteiligung die lettische Staatsbürgerschaft zugesichert. Besoldet und bewaffnet wurden die Freiwilligenverbände bis zum Juli 1919 vom Deutschen Reich, denn sie sollten die Reichsgrenzen in Ostpreußen gegen die Bolschewiki sichern. Die Offensive im Baltikum, die von den Weltkriegsalliierten geduldet wurde, sollte bessere Verteidigungsstellungen erreichen. So stützten die pro-deutschen Freiwilligen der Baltischen Landeswehr die eher pro-britische Regierung Ulmanis und waren im März 1919 mit der Eroberung von Mitau entscheidend an der Vertreibung der Sowjets aus Lettland beteiligt.

Doch der Versailler Vertrag von 1919 sah auch den Abzug aller deutschen Truppen aus dem ganzen Baltikum vor. Die deutschen Verbände jedoch verließen Lettland nicht und besetzten zunächst Riga, erklärten die Regierung Ulmanis für abgesetzt und ersetzten sie durch die pro-deutsche Regierung Niedra.  Sie forderten den Abzug aller estnischen Truppen aus ganz Nordlettland. Die neue Regierung stützte sich allein auf die deutsch-baltische Minderheit und die deutsche Besatzungsmacht, unter der lettischen Bevölkerung hatte sie keinen Rückhalt.

Gemeinsames lettisch-estnisches Vorgehen gegen Russen und Deutsche

Zwischen der Baltischen Landeswehr und den gemeinsam vorgehenden lettisch-estnischen Truppen kam es vom 19. bis 23. Juni 1919 bei Cēsis (dt. Wenden) zu schweren Kämpfen aus denen die lettisch-estnischen Verbände als Sieger hervorgingen. Es gelang ihnen die Landeswehr bis kurz vor Riga zurückzudrängen. Dies zwang die Baltische Landeswehr am 3. Juli 1919 zum Waffenstillstand in Strasdenhof bei Riga. Zur Erinnerung an den Sieg in der Schlacht von Cēsis ist der 23. Juni bis heute ein Feiertag in Estland und Lettland. Die verhasste Regierung Niedra hatte bereits am 29. Juni resigniert.

Kārlis Ulmanis und seine rechtmäßige Regierung kehrten am 9. Juli zurück nach Riga ins Amt. Die militärischen Verbände wurden neu organisiert, die reichsdeutschen Verbände wurden aufgefordert das Land zu verlassen. Mit Hilfe der Alliierten wurde die lettische Armee auf 40.000 Mann in vier Divisionen ausgebaut und unter ein einheitliches Kommando gestellt. Die Reichsdeutschen mussten aus der Baltischen Landeswehr ausscheiden, die dann als Sonderverband in die lettische Armee übernommen wurde. Die Sicherung der östlichen Frontlinie, die nördlich des Lubān-Sees verlief, sicherte die estnische Armee.
Seit dem Waffenstillstand herrschte bis Oktober 1919 an der Front des Estnischen Befreiungskriegs Waffenruhe und Estland war nun erstmals frei von Besatzungstruppen. Auf dem nördlich sich anschließenden russischen Territorium kämpften estnische Verbände Seite an Seite mit der Nordwestarmee der Weißen Garde weiter. Am 31. Dezember 1919 stellte die weitgehend ausgezehrte Rote Armee ihre Offensive gegen Estland endgültig ein und Sowjetrussland schloss den am 3. Januar 1920 tretenden Waffenstillstad mit Estland. Am 2. Februar 1920 unterzeichneten Estland und Sowjetrussland den Friedensvertrag von Tartu, der am 30. März 1920 in Kraft trat. Darin erkannte Sowjetrussland den selbstständigen Staat Estland an und verzichtete für immer auf alle Rechte auf Estland.

Lettland musste sich nach dem Sieg bei Cēsis noch mit der Invasion und dem Putsch der Bolschewiken auseinandersetzen Ein weiterer Versuch, die Unabhängigkeit Lettlands abzuwenden, fand Ende 1919 statt. Die früheren Soldaten des Deutschen Reiches und des Russischen Reiches wurden von Oberst Bermondt gegen die in Unterzahl kämpfenden Soldaten der Übergangsregierung Lettlands geführt. Bermodt erklärte ganz Kurland zu einem Teil des Russischen Reiches. Durch die von den Siegermächten des 1. Weltkriegs verfügte Sperrung der deutschen Grenze für den Nachschub an Bermodt gerieten dessen Truppen in Schwierigkeiten. So konnte die lettische Armee am 11. November 1919 den Sieg erringen. Bermondts Armee wurde bis zum Ende 1919 aus Lettland vertrieben.

Im Jahr 1920 war Lettland dann endgültig auf der Siegerstraße, die sowjetrussischen Truppen waren ausgezehrt. Durch die Probleme im Inneren der Sowjetunion und den Druck von Seiten der einstigen Kriegsalliierten sahen sich die Sowjets gezwungen, sich aus dem Baltikum zurückzuziehen. Der Friedensvertrag zwischen Lettland und Russland, der am 11. August 1920 unterzeichnet wurde, bedeutete auch für Lettland das Ende des Unabhängigkeitskrieges. Mit diesem Vertrag gab das sowjetische Russland jegliche Ansprüche auf Lettland auf.

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